Mittwoch, 23. Januar 2013

Katalanisches Parlament beschließt eine Charta der Souveränität

Am 23. Januar wird das Parlament Kataloniens nicht nur mit absoluter, sondern sogar mit einer fast 80%-Mehrheit ihre Charta der Souveränität beschließen. Von den katalanischen Wählern sind am vergangenen 25. November 107 von 135 Abgeordneten in das neue Parlament gewählt worden, die Parteien angehören, die für Katalonien als neuem unabhängigen Staat im Verbund der Europäischen Union eintreten . Diese Parteien wollen bis 2014 eine konkrete Entscheidung der katalanischen Wähler in einem Referendum einholen.

Die Parlamentswahl und die jetzige katalanische Parlamentszusammensetzung, die die spanische Regierung bis ins Mark getroffen hat, war für die Unabhängigkeitsfrage bereits ein unübersehbarer Vorentscheid.

Die Charta der Souveränitat Kataloniens und seines Parlaments wird das Recht der Katalanen auf freie, demokratische Entscheidung über die Zukunft des eigenen Landes verbriefen. Sie wird dem zentralistischen, jakobinischen Parlament in Madrid die Befugnis absprechen, die demokratischen Entscheidungsprozesse in Katalonien zu majorisieren und zu negieren. Sie wird damit das katalanische Parlament auf gleiche Augenhöhe mit dem spanischen Parlament setzen: ein demokratisch und moralisch voll legitimierter Akt, der aber mit dem allergrößten Widerstand von Seiten Madrids rechnen muss.

Wie der neugewählte katalanische Präsident Artur Mas feststellte: zwei Schiffe, das spanische und das katalanische, sind auf Kollisionskurs. Eine große Mehrheit der katalanischen Wähler fordert, dass das spanische Schiff beidreht und dass für die Zukunft ein gleichberechtigtes, friedliches Nebeneinander zweier Staaten im Rahmen des gemeinsamen Europa die ungerechtfertigte und durch militärische Agression und Gewalt geschaffene asymmetrische Gewichtung Kataloniens und Spaniens beendet. Die Unterjochung und Ausbeutung Kataloniens durch Spanien soll ein für alle Mal der Vergangenheit angehören.

Im Grunde ist auch Spanien an einem Schlussstrich unter den seit Jahrhunderten schwelenden Konflikt interessiert. Spanien und Katalonien haben sich gegenseitig satt. Aber es fällt der Mehrheit der Spanier schwer, über ihren eigenen Schatten zu springen. In ihrer Identität als Spanier steht eingraviert: „Katalonien gehört uns. In unserer Spanischen Verfassung ist festgeschrieben, dass Katalonien auf Gedeih und Verderb als Teil Spaniens zu verbleiben hat. Wer über Katalonien die Entscheidungsmehrheit hat sind wir und nicht die Katalanen.“

Die Zukunft wird erweisen, ob ein spanisches Verfassungskorsett oder die demokratischen Grundrechte der Katalanen die Oberhand behalten.



Prof. Dr. Tilbert Dídac Stegmann

Institut für Romanische
Sprachen und Literaturen
Forschungsstelle Katalanistik

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