Am 23. Januar wird das Parlament Kataloniens
nicht nur mit absoluter, sondern sogar mit einer fast 80%-Mehrheit ihre Charta
der Souveränität beschließen. Von den katalanischen Wählern sind am vergangenen
25. November 107 von 135 Abgeordneten in das neue Parlament gewählt worden, die
Parteien angehören, die für Katalonien als neuem unabhängigen Staat im Verbund
der Europäischen Union eintreten . Diese Parteien wollen bis 2014 eine konkrete
Entscheidung der katalanischen Wähler in einem Referendum einholen.
Die Parlamentswahl und die jetzige
katalanische Parlamentszusammensetzung, die die spanische Regierung bis ins
Mark getroffen hat, war für die Unabhängigkeitsfrage bereits ein unübersehbarer
Vorentscheid.
Die Charta der Souveränitat Kataloniens und
seines Parlaments wird das Recht der Katalanen auf freie, demokratische Entscheidung
über die Zukunft des eigenen Landes verbriefen. Sie wird dem zentralistischen,
jakobinischen Parlament in Madrid die Befugnis absprechen, die demokratischen
Entscheidungsprozesse in Katalonien zu majorisieren und zu negieren. Sie wird
damit das katalanische Parlament auf gleiche Augenhöhe mit dem spanischen
Parlament setzen: ein demokratisch und moralisch voll legitimierter Akt, der
aber mit dem allergrößten Widerstand von Seiten Madrids rechnen muss.
Wie der neugewählte katalanische Präsident Artur
Mas feststellte: zwei Schiffe, das spanische und das katalanische, sind auf
Kollisionskurs. Eine große Mehrheit der katalanischen Wähler fordert, dass das
spanische Schiff beidreht und dass für die Zukunft ein gleichberechtigtes,
friedliches Nebeneinander zweier Staaten im Rahmen des gemeinsamen Europa die
ungerechtfertigte und durch militärische Agression und Gewalt geschaffene
asymmetrische Gewichtung Kataloniens und Spaniens beendet. Die Unterjochung und
Ausbeutung Kataloniens durch Spanien soll ein für alle Mal der Vergangenheit
angehören.
Im
Grunde ist auch Spanien an einem Schlussstrich unter den seit Jahrhunderten
schwelenden Konflikt interessiert. Spanien und Katalonien haben sich
gegenseitig satt. Aber es fällt der Mehrheit der Spanier schwer, über ihren
eigenen Schatten zu springen. In ihrer Identität als Spanier steht eingraviert:
„Katalonien gehört uns. In unserer Spanischen Verfassung ist festgeschrieben,
dass Katalonien auf Gedeih und Verderb als Teil Spaniens zu verbleiben hat. Wer
über Katalonien die Entscheidungsmehrheit hat sind wir und nicht die
Katalanen.“
Die Zukunft wird erweisen, ob ein spanisches
Verfassungskorsett oder die demokratischen Grundrechte der Katalanen die
Oberhand behalten.
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